Lange war ich mir sicher, alle nennenswerten, privaten Kontakte von Johannes zu kennen. Grundsätzlich galt das wohl auch. Aber mein geliebter Mann hat auch gerne mal neue Kontakte geknüpft und gepflegt, ohne zunächst viel davon zu erzählen. So hatte er einen Patrick aus Aachen, der selbst an einem Hirntumor leidet, wohl mal erwähnt, viel mehr aber nicht. Die beiden hatten sich ausgetauscht und offenbar so etwas wie eine Email-Freundschaft aufgebaut. Jedenfalls hat Johannes auch dort Spuren hinterlassen, wie mir dieser Tage aufgefallen ist. Denn Patrick bloggt auch – allerdings auf Englisch. Er hat von Johannes‘ Tod erst kürzlich erfahren, bereut bitter, dass er ihn nicht mehr hat treffen können und zieht für sich die Lehre daraus „Do it now“.
Und dann war da gestern diese Postkarte im Briefkasten. „Lieber Johannes! Liebe Frau Schweizer, lieber Herr Schweizer“ – hieß es darauf. Ursprung: Kalifornien. Ich war irritiert. Der Absender, soweit ich ihn entziffern konnte, sagte mir nichts. Unsere Adresse stimmte aber. Also habe ich gegoogelt – und siehe da: Die Spur führte zur Klinik Bad Oexen! Ein Ort voller süßer, schmerzlicher Erinnerungen: Dort war Johannes drei Mal zur Reha-Kur. Besonders die erste war voller Hoffnung, verschaffte ihm so viel Auftrieb.
Jener Absender ist dort ein leitender Arzt – allerdings im Kinderhaus. Jetzt dämmerte es mir. Ich rief also an und hatte den Mann wenig später am Ohr. Sehr lieb und ausführlich bestätigte er mir, was ich schon ahnte: Er hatte einen Jungen namens Johannes Schweizer (ohne „t“) mehrfach als Patient betreut. Der Kleine sah ihn als Lebensretter an und hatte ihm also rührend zu Weihnachten geschrieben. Elf Monate später fand der Arzt dann im Urlaub die Zeit und Ruhe ihm zu antworten. „Er war mir ans Herz gewachsen“, sagte er mir. Also besser spät als nie. Er rief in der Klinik an um sich die Adresse geben zu lassen – und bekam die falsche genannt. „Ihr Mann wäre mir bestimmt auch ans Herz gewachsen“, sagte er noch etwas entschuldigend – und völlig unnötigerweise. Ich weiß doch, wie wertvoll eine enge Bindung zu einem guten Arzt ist. Deshalb freue ich mich einfach, dass nun der kleine Johannes aus Münster doch noch einen Gruß von seinem Lebensretter erhalten wird.