Vergnügter, gesunder Johannes, irgendwo in der Karibik, wenige Monate bevor der Wahnsinn losging.

Vergnügter Johannes irgendwo in der Karibik, wenige Monate bevor der Wahnsinn losging.

Seit 4.30 Uhr heute morgen kann ich nicht mehr schlafen. Aufgeschreckt und aufgewühlt hat mich die Begegnung mit meinem lieben Mann, wieder einmal im Traum. Diesmal ist es aber passiert: Er war wieder der alte, gesunde Johannes! Aber der Reihe nach:  Es ist schon etwa zwei Wochen her, dass ich die letzten Male von ihm geträumt habe. Es waren bittere, traurige Bilder, deprimierender als je zuvor. In einer Nacht war der kranke, gebrechliche Johannes, dem ich doch so gerne nahe sein wollte, für mich nicht mehr erreichbar, schaute mich nicht an, nahm keine Verbindung mehr zu mir auf. Einen Traum später wurde es noch schlimmer, da machte er sogar mit mir Schluss, wollte lieber auf meine Liebe und Hilfe verzichten als weiter mit mir zu leben, warf mir böse, verletzende Worte an den Kopf, war gemein und unfair, ganz anders als ich ihn kannte. Die Traurigkeit darüber hielt bei mir auch noch tagsüber an. Ich fühlte mich tatsächlich so, als hätte Johannes mich verlassen.

In einem letzten Traum tauchte er selbst gar nicht mehr auf, es war nur klar, dass er sich in den letzten, verzweifelten Wochen seines  Lebens befand, mal wieder im Krankenhaus lag und dringend eine Operation brauchte. Doch der Gesundheitsapparat kam seit Tagen nicht in Gang und ich schickte mich an,  mal wieder vom Telefon aus den Kampf für meinen Mann aufzunehmen. Der gesamte Druck und die Hilflosigkeit jener Zeit kamen da wieder hoch.  Es war ein Alptraum, aus dem ich mit Herzrasen aufwachte. Nie war ich erleichterter, dass wir dieses Kapitel hinter uns haben.

Und nun das: Wie mit einer Zeitmaschine hat es mich vergangene Nacht zurückversetzt. Plötzlich bin ich mitten im Alltag mit Johannes, er macht sich gerade bereit das Haus zu verlassen, schwirrt munter zwischen Kleiderschrank und Bad hin und her. Ich allerdings merke, dass ich im falschen Erik, in der falschen Zeit stecke. Ich weiß, dass dieser Moment der vielleicht letzte sein wird, in dem ich ihn gesund sehe, bevor das Schicksal zuschlägt. Überwältigt von Freude und Schmerz schnappe ich ihn mir, wir küssen uns heftig. So heftig, dass mir die Tränen in den Augen stehen und er lachen muss, weil er meine unerwartete Leidenschaft nicht versteht. Gefühlsausbrüche konnten ihn schon immer leicht verunsichern. Mich auch, deshalb haben wir uns gegenseitig meist davon verschont. Diesmal kann ich ihm das aber nicht ersparen. Womöglich die letzte Gelegenheit, ein letzter Kuss, keine Zeit für Scheu. Dann wache ich auf – und bin dankbar.

Auch sonst  ist manches passiert in den vergangenen Wochen. Das soll aber seinen eigenen Beitrag haben.