Tag: Panne

Wandern am Rhein an der Ahr

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Kein Tag, keine Stunde, kaum eine Minute ohne Bezug zu Johannes. Es ist als wäre ich besessen. Manchmal echt anstrengend. Jetzt gerade höre ich Roman Babiks Urban Wedding Quartett, eine CD, die wir am 22. Mai nach einem Konzert in der Wuppertaler Musikhochschule erstanden haben, zum Weiterhören und als Andenken. Wir hatten beim Jazz genau das gleiche Abstraktions-Bedürfnis und die gleiche Abstraktions-Toleranz. Dixieland war uns zu bieder, Big-Band-Musik eigentlich auch, wenngleich genießbarer, Freejazzer wie Brötzmann fanden wir lächerlich. Dazwischen lag vieles, das uns gut gefiel – auch wenn wir im Grunde keine Ahnung von Jazz hatten.

Am Wochenende war ich mit meinen Schwiegereltern ein bisschen wandern. Als wir in Linz am Rhein ankamen, sollte es eigentlich sogar mehr werden als ein bisschen, doch die Pläne zerbröselten zeitgleich mit meinen Schuhsohlen, kaum dass wir aus dem Auto stiegen. Ja, sie zerbröselten! Jahrelang hatte ich die mächtigen Lederschuhe im Schrank gehortet, doch aus dem Schatz war still und leise morscher Müll geworden. Hätte nicht unser  ganzer Wandertag auf dem Spiel gestanden, wäre es einfach nur lustig gewesen, wie ich da durch Linz humpele, eine Spur aus schwarzen Krümeln hinterlasse und die großen Teile meines Sohlen-Puzzles einsammele. Ersatz ließ sich in dem Bilderbuch-Städtchen allerdings nicht finden. Am Rhein ist man klein. Schuhgröße 49 wird nicht unterstützt. Also ging’s zurück nach Bonn, wo wir im Outdoor-Outlet einkehrten, um anschließend einen zweiten Anlauf zu unternehmen – diesmal aber ins Ahrtal.  Bloß nicht nochmal die gleiche Strecke fahren! So lässt sich die Panne leichter verdrängen.

Schließlich waren wir also doch noch drei schweißtreibende, aussichtsreiche Stunden unterwegs. Rast am Steinerberg-Gasthaus. Gedenkminute am Gipfelkreuz, denn dort standen wir auch vor gut vier Jahren, da noch mit Johannes, einem kerngesunden Johannes. Sehr glückliche Momente waren das. Damals dachte ich darüber nach, wo ich ihm am besten den Heiratsantrag machen sollte. Dass er Ja sagen würde, war eigentlich sicher. Diesmal kamen keine große Glücksmomente bei mir auf. Dennoch waren diese Stunden die bestmöglichen. Nur bei wenigen Menschen fühle ich mich zurzeit so wohl, dass ich auch schwach und traurig sein kann, eben einfach so, wie ich mich gerade fühle. Meine lieben Schwiegereltern zählen dazu – und meine engsten Freunde.   Allen anderen gehe ich eher aus dem Weg.

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Schlange frisst Tag

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Irgendwie hat es nichts werden sollen mit Mailand und mir. Tag 3 hatte ich nochmal so richtig nutzen wollen. Der Plan: Ich verlasse vormittags meinen Gastgeber, deponiere meinen Koffer im Hauptbahnhof in der Gepäckaufbewahrung, damit ich dann entspannt zur Expo fahren kann. Abends sollte es dann vom Hauptbahnhof aus mit dem Bus zum Flufhafen gehen. Den Schlüssel zu meinem Zimmer habe ich in der Wohnung gelassen, Tür hinter mir zugezogen – dann gabs kein Zurück mehr.  Kurz darauf der Schock: Die grotesk lange Menschenschlange, die sich da durch den riesigen Mailänder Hauptbahnhof zieht, führt geradewegs zur Gepäckaufbewahrung! Das war’s dann wohl. Schlange frisst Tag.

Erst habe ich noch versucht etwas zu retten. Aber wo verzweifelte Menschen stundenlang anstehen, um ihren Koffer loszuwerden, sind Alternativen rar. An der Expo selbst sollte es angeblich keine geben. In einem schwulen Laden in der Nähe, wo ich abends zuvor war, habe ich den Barkeeper bekniet, doch ein paar Stunden auf mein Köfferchen aufzupassen. Keine Chance. Danach eine Stunde bei Burger King totgeschlagen, nochmal nach der Schlange geschaut – die war kaum verändert. Mehr Kraft für andere Lösungen hatte ich nicht. Also habe ich auch die restlichen Stunden rund um den Bahnhof vertrödelt. Frust pur.

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