Gestern war ich zum ersten Mal seit der Beisetzung an Johannes Grab. Ja, zum ersten Mal, nach beinahe sechs Wochen. Ich habe mich selbst gefragt, woran das liegt. Eine Art Gleichgültigkeit, weil dieser Ort doch gar nicht so viel mit Johannes zu tun hat? Oder schlicht Angst? Jetzt weiß ich es: beides stimmt.  Meine Schwiegermama hat den Anstoß gegeben und gefragt, ob wir uns nicht auf ein Stück Kuchen am Friedhof treffen wollen. Da wusste ich plötzlich, dass ich vor meiner Abreise am Montag auf jeden Fall dorthin will. Also abgemacht. Genauso spontan und natürlich erschien es mir, auf dem Weg dorthin ein paar Rosen mitzunehmen. Ich konnte doch nicht mir leeren Händen vor ihm stehen! Und er hat sich immer so gefreut, wenn ich Blumen mit nach Hause gebracht habe.

Grab

Ojeh, war das dann zwiespältig am Grab. Irgendwie war er mir ganz nah, gleichzeitig so weit weg. Beides tat weh. Der namenlose Haufen Erde, die Pflanzen darauf waren mir fremd, der Gedanke an das, was von Johannes wohl da unten lag, war auch nicht gerade tröstlich. Außerdem haben die Friedhofsgärtner nebenan einen Höllenlärm veranstaltet, so dass ich nach fünf jämmerlichen Minuten auch schon ins Lokal geflüchtet bin. Es wurde ein trauriges Kuchenessen. Und trotzdem gut so und wichtig.

Jetzt kann ich mich auf den Weg machen. Auf eine Reise, die vor mehr als einem Jahr zusammen mit Johannes geplant war. Natürlich war das sehr ambitioniert, aber so sollte es auch sein. Ein Ansporn für ihn um gesund zu bleiben. Ein kühnes Ziel, aber kein utopisches, angesichts seiner fantastischen Verfassung im September 2014. Nun steht mir die erste Kreuzfahrt ohne Johannes bevor – und ich kann mich nicht darauf freuen. Allein der Gedanke an das Einschiffen lässt mich schaudern. Was gemeinsam immer ein Fest war, die Bordkarten in Empfang zu nehmen, erstmals die Gangway hinaufzugehen, dürfte diesmal einfach nur wehtun. Wie so maches auf der Kreuzfahrt, die doch so reich an Ritualen ist: Die ausgiebigen, mehrgängigen Abendessen zu viert, die allabendlichen Shows im Theater, die Formal Nights, für die wir uns immer vorher auf der Kabine in Schale geworfen haben. Das wird diesmal alles sehr schwer. Darum bin ich auch ganz froh, noch etwas Urlaub vorneweg und hintendran gehängt zu haben: sechs Nächte Thailand – da wollte Johannes sowieso nie hin – und vier Nächte Hongkong. Da bin ich zwar überall auf mich alleine gestellt – aber das bin ich jetzt ja ohnehin.